(Zwischen-)Bilanz: Initiative Niedersächsischer Ethikrat (INE) … nach fast zwei Jahren Corona


Als Initia­ti­ve Nie­der­säch­si­scher Ethik­rat (INE) haben wir uns im Juni 2020 mit Befris­tung zunächst bis Dezem­ber 2021 als Zusam­men­schluss von Men­schen mit ethi­schen und gesell­schaft­li­chen Fach­kom­pe­ten­zen gegrün­det. Wir setz­ten uns zum Ziel, in par­ti­zi­pa­ti­ver Wei­se zur gemein­sa­men gesell­schaft­li­chen und poli­ti­schen Bewäl­ti­gung der Fol­gen der COVID-19-Pan­de­mie in Nie­der­sach­sen bei­zu­tra­gen.

Dafür iden­ti­fi­zie­ren wir ethi­sche und sozi­al­po­li­ti­sche Fra­gen, die sich im Zusam­men­hang mit der COVID-19-Pan­de­mie für Indi­vi­du­um und Gesell­schaft erge­ben. Wir ver­su­chen Pro­blem­fel­der über­sicht­lich zu skiz­zie­ren, Grund­span­nun­gen und Ambi­va­len­zen auf­zu­zei­gen und Ori­en­tie­rung für gesell­schaft­li­ches und poli­ti­sches Han­deln zu bie­ten.
Anlass für unse­re ers­te Stel­lung­nah­me war der rigo­ro­se mona­te­lan­ge Aus­schluss alter, kran­ker und pfle­ge­be­dürf­ti­ger Men­schen von allen fami­liä­ren und gesell­schaft­li­chen Kon­tak­ten in der ers­ten Pha­se der Pan­de­mie. Wir haben dabei die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit von Maß­nah­men zum Schutz der durch die Pan­de­mie beson­ders gefähr­de­ten Men­schen zu erwart­ba­ren Schä­den durch die Maß­nah­men in den Blick genom­men.

„Mehr Per­spek­ti­ven für jun­ge Men­schen in der Coro­na-Kri­se – Ein Dis­kus­si­ons­bei­trag der Initia­ti­ve Nie­der­säch­si­scher Ethik­rat“, so lau­te­te unser State­ment vom 17. Juli 2020. Es war unser Anlie­gen, die poli­ti­schen Entscheidungsträger_innen in Nie­der­sach­sen dafür zu sen­si­bi­li­sie­ren, die Wei­chen für eine gerech­te­re, par­ti­zi­pa­ti­ve und inklu­si­ve Bewäl­ti­gung der Coro­na-Pan­de­mie und ihrer Fol­gen in Nie­der­sach­sen zu stel­len. Im Anschluss dar­an haben wir Jugend­li­che, Kin­der und Expert_innen ange­hört. Dar­aus ent­stand unse­re Stel­lung­nah­me „Neue Per­spek­ti­ven für jun­ge Men­schen in der Coro­na-Kri­se“ vom 16. Novem­ber 2020 sowie aus gege­be­nen Anlass die Wie­der­auf­nah­me die­ser Fra­ge­stel­lung: „Neue Per­spek­ti­ven für jun­ge Men­schen in der Coro­na-Kri­se – Kin­der und Jugend­li­che nach der drit­ten Wel­le: Gesund­heits­schutz – Bil­dung – sozia­les Leben för­dern“ vom 31. Mai 2021.
Mit einer „Ad-hoc-Stel­lung­nah­me zu pau­scha­len Besuchs­ver­bo­ten in Kran­ken­häu­sern“ vom 22. Dezem­ber 2020 haben wir uns dafür ein­ge­setzt, dass Besu­che im Kran­ken­haus auch in Zei­ten von Coro­na mög­lich sein müs­sen. Das war näm­lich nicht der Fall, obwohl die Coro­na­ver­ord­nun­gen um die Jah­res­mit­te 2020 ent­spre­chen­des für Pfle­ge­ein­rich­tun­gen und Kran­ken­häu­sern ermög­licht hat­ten.

Die Bedürf­nis­se und Inter­es­sen von Men­schen mit Beein­träch­ti­gun­gen wur­den unse­res Erach­tens bei den Maß­nah­men zur Bekämp­fung der Coro­na-Pan­de­mie nicht aus­rei­chend wahr­ge­nom­men. Des­halb for­der­ten wir in der Stel­lung­nah­me „Nicht mehr ohne uns – Men­schen mit Behin­de­run­gen in der Coro­na-Pan­de­mie“ vom 17. Febru­ar 2021 nach einem Anhö­rungs­ver­fah­ren von Betrof­fe­nen, Ange­hö­ri­gen und Expert_innen ers­tens eine deut­li­che­re Dif­fe­ren­zie­rung der Bedürf­nis­se der betrof­fe­nen Men­schen und zwei­tens deren stär­ke­re Par­ti­zi­pa­ti­on bei der Erar­bei­tung künf­ti­ger Coro­na-Maß­nah­men.

Nie­der­sach­sen ist zwar bis­lang auf­grund einer recht schnel­len Ver­füg­bar­keit von Impf­stof­fen und eines ins­ge­samt vor­sich­ti­gen Agie­rens ohne eine Über­las­tung des Gesund­heits­sys­tems durch die Pan­de­mie­kri­se gekom­men. Nichts­des­to­trotz sind die oben genann­ten For­de­run­gen bis zum heu­ti­gen Tage hoch­ak­tu­ell. Ins­be­son­de­re, was die Lang­zeit­fol­gen und Lang­zeit­schä­den der Coro­na-Maß­nah­men bei den Betrof­fe­nen angeht, fehlt es an einer poli­ti­schen Stra­te­gie.
Die wich­tigs­te Maß­nah­me zur Ein­däm­mung der Pan­de­mie bleibt die Imp­fung. Wir for­dern daher die ver­ant­wort­li­chen Entscheidungsträger_innen in Nie­der­sach­sen auf, sich auf Bun­des­ebe­ne dafür stark zu machen, mög­lichst rasch zu klä­ren, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen eine Impf­pflicht für Erwach­se­ne ver­fas­sungs­recht­lich zuläs­sig und orga­ni­sa­to­risch umsetz­bar ist.
Aller Vor­aus­sicht nach wird das SARS-CoV-2-Virus uns noch lan­ge beglei­ten. Eine wesent­li­che Her­aus­for­de­rung wird sein, mit der Bedro­hung durch das Virus zu leben, Risi­ken der Erkran­kung zu bewer­ten und die indi­vi­du­el­len und gesell­schaft­li­chen Fol­gen von Erkran­kung abzu­wä­gen. Da es auch in Zukunft not­wen­dig sein wird, für die­se und wei­te­re Fra­gen aus ethi­scher Per­spek­ti­ve Lösungs­vor­schlä­ge zu ent­wi­ckeln, wer­den die Mit­glie­der der INE in den nächs­ten Wochen bera­ten, ob und gege­be­nen­falls wie eine Fort­set­zung der gemein­sa­men Arbeit aus­se­hen könnte.

Dr. med. Mar­ti­na Wenker

Prof. Dr. theol. Jür­gen Manemann

Dr. theol. Ste­phan Schaede

Dr. med. The­la Wern­s­tedt, MdL

Bischof Dr. theol. Franz-Josef Bode

Lan­des­bi­schof Ralf Meister

Prof. Dr. med. Clau­dia Wiesemann

Prof. Dr. theol. Chris­ti­an Polke

Dr. Mar­tin Splett

Prof. Dr. iur. Eva Schumann

Dr. med. Tho­mas Buck

Dr. Chris­toph Künkel

Tors­ten Windels

Tho­mas Uhlen

Prof. Dr. Jan­na Teltemann

Dr. Rebec­ca Seidler